Trotz unsicherer Rahmenbedingungen blickt die Hafen- und Logistikwirtschaft im Bundesland Bremen mit verhaltenem Optimismus auf das laufende Jahr. Das zeigt eine aktuelle Blitzumfrage der BHV – Bremische Hafen- und Logistikvertretung, an der sich 55 Unternehmen beteiligt haben. Während die Umsatzentwicklung kein klares Bild ergibt, will die große Mehrheit der Betriebe ihre Beschäftigtenzahlen stabil halten oder sogar erhöhen. Gleichzeitig beschleunigen viele Unternehmen ihre digitale Transformation. Größte externe Einflussfaktoren: die US-Zollpolitik, marode Infrastruktur und politische Unsicherheiten.
Umsätze uneinheitlich – Beschäftigung wächst
Auf die Frage nach der Umsatzentwicklung im ersten Halbjahr 2025 gegenüber dem Vorjahreszeitraum antworteten jeweils rund ein Drittel der Betriebe mit gestiegenen, stagnierenden oder gesunkenen Erlösen – ein Zeichen für das volatile Marktumfeld. „Wie bereits im Vorjahr können wir daraus keinen belastbaren Trend ableiten“, sagt Dr.-Ing. Patric Drewes, geschäftsführendes Vorstands- und Präsidiumsmitglied der BHV.
Deutlich klarer fällt dagegen der Blick auf den Arbeitsmarkt aus: 36 Prozent der Betriebe planen einen Personalaufbau, 55 Prozent wollen ihre Belegschaft konstant halten. Lediglich neun Prozent denken über Stellenabbau nach.
„Erfreulich ist auch die Entwicklung im Ausbildungsbereich: Immerhin 53 Prozent der angebotenen Plätze konnten besetzt werden – ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr mit seinerzeit lediglich 42 Prozent“, ergänzt BHV-Geschäftsführerin Petra Lüdeke.
Trump, Transportwege, Teuerung: das belastet die Unternehmen
Als derzeit größte Herausforderung nennen die Unternehmen die US-Handels- und Zollpolitik unter Donald Trump. Hinzu kommen anhaltender Kostendruck entlang der Lieferkette sowie infrastrukturelle Defizite – etwa marode Straßen und Brücken. Auch die neue wirtschaftspolitische Linie der Bundesregierung ist noch ein Unsicherheitsfaktor.
Land Bremen soll sich weiterhin für Hinterlandanbindungen einsetzen
Im Hinblick auf die regionalen Herausforderungen, priorisieren nahezu 90 Prozent der Befragten weiterhin den Einsatz des Landes Bremen beim Ausbau der Hafenhinterlandanbindungen, und zwar gemeinsam mit den anderen norddeutschen Bundesländern. Auch die Sanierung und Modernisierung regionaler Verkehrswege – insbesondere Straßen und Brücken – hat laut Umfrage hohe Priorität. Dahinter folgen die Wünsche für eine zügige Anpassung der Fahrrinnen von Außen- und Unterweser Nord (bis Brake) sowie für eine bessere Imagepflege von Hafen- und Logistikberufen.
Digitalisierung nimmt Fahrt auf – KI auf dem Vormarsch
In Sachen Nachhaltigkeit haben viele Unternehmen Fortschritte gemacht: Inzwischen verfügen 50 Prozent über eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie – ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr (39 Prozent).
Noch dynamischer verläuft die Digitalisierung. Der Anteil der Unternehmen, die Künstliche Intelligenz nutzen, ist von 33 auf 63 Prozent gestiegen. Auch bei der Anwendung von Optimierungsalgorithmen (von 16 auf 37 Prozent) und Big Data (von 12 auf 30 Prozent) gab es markante Zuwächse.
Sanierungsstau an Kajen und Brücken: BHV fordert angemessene Beteiligung am Infrastruktur-Sondervermögen
„Mit großer Freude haben wir vernommen, dass die neue Bundesregierung im Rahmen des geplanten Infrastruktur-Sondervermögens rund 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Verkehrswege in Deutschland bereitstellen will“, erklärt BHV-Vorstandsmitglied Patrick Rehberg. „Unsere klare Erwartung ist, dass auch die Seehäfen einen angemessenen Anteil dieser Mittel erhalten.“
Ein besonders dringliches Vorhaben sei dabei die Sanierung der Stromkaje in Bremerhaven: „Allein für die Ertüchtigung dieser zentralen Infrastruktur rechnen wir mit Kosten von mindestens 750 Millionen Euro – Gelder, die Bremen allein nicht stemmen kann.“
Die Stromkaje, mittlerweile rund 50 Jahre alt, ist für die deutlich gewachsenen Schiffsgrößen und modernen Containerbrücken nicht mehr ausreichend dimensioniert. Ihre Verstärkung ist unerlässlich, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts langfristig zu sichern. Weitere Investitionen seien auch für die stark sanierungsbedürftigen Weserbrücken in und um Bremen erforderlich – ebenso wie für den geplanten Energy Port in Bremerhaven, mit dem Flächen für die Offshore-Windindustrie und weitere Akteure der Energiewende geschaffen werden sollen.
„Die Ausgestaltung des Sondervermögens ist derzeit noch offen, aber wir werden dazu rechtzeitig den engen Austausch mit dem bremischen Wirtschafts- und Häfenressort suchen“, kündigt Rehberg an.
Bisher erhält das Bundesland Bremen über den sogenannten Lastenausgleich lediglich rund zehn Millionen Euro pro Jahr vom Bund für seine Häfen – ein Betrag, der dem tatsächlichen Investitionsbedarf bei Weitem nicht gerecht wird.
Zur Umfrage
Die Ergebnisse beruhen auf einer Online-Erhebung unter 55 Mitgliedsunternehmen der BHV. Befragt wurden Inhaber, Geschäftsführer und Führungskräfte aus überwiegend mittelständischen Hafen- und Logistikbetrieben. Die Erhebung ist nicht repräsentativ, vermittelt aber ein aktuelles und aussagekräftiges Stimmungsbild aus der Branche.
Die Ergebnisse der Blitzumfrage finden Sie hier.